Archiv der Kategorie: Reisetagebuch 2015

Tag 8

Abreisetag. Der Wecker klingelt früh, das Taxi kommt pünktlich. Der Fahrer ist jung, sehr nett und wir versuchen mit unseren doch geringen Russischkenntnissen die vierzig Minuten Fahrt das Gespräch am Laufen zu halten. Es funktioniert ganz gut.

Vorbei an dem Prachtbau der Minsker Nationalbibliothek geht es direkt zum Flughafen. Dieser ist nicht der Einzige; mitten in der Innenstadt gibt es noch den alten Minsker Flughafen. Die internationalen Flüge starten allerdings zum Großteil von dem neuen und modernen Flughafenterminal außerhalb der Stadt.

Es ist nicht viel Betrieb, wir trinken einen Kaffee zum Frühstück, checken ein und warten auf’s Boarding. Alles funktioniert einwandfrei, Wir fliegen mit einem der neuen Flugzeuge der Belavia, einer Embraer 175. Auf dem Rollfeld passieren wir eine Antonow Transportmaschine. Ein toller Anblick dieser Riesenvogel.

Ein guter Flug, eine saubere Landung und wir sind nach zweieinhalb Stunden und fast einer Woche Sonnenschein im Regen in Amsterdam angekommen. Es sind ungemütliche sieben Grad, gepaart mit dem Regen ist es ungemütliches Wetter.

Wir kaufen Fahrkarten, gehen auf den Bahnsteig und stellen fest, dass fast alle Züge die in unsere Richtung fahren ausfallen. Nach einigen Klärungen fahren wir mit erheblicher Verspätung über Utrecht Centrum nach Hengelo, wo wir abgeholt werden.

Eine gute Woche geht zu Ende. Alles, was wir uns vorgenommen haben ist erledigt. Wir sind zufrieden.

Wir hoffen, dass es Euch auch ein wenig Spaß gemacht hat, unserer Reise im Blog zu folgen. Wir freuen uns über Eure Kommentare!

Tag 7

Der Tag der Abreise aus Gomel steht uns bevor. Wir wollen gemütlich starten und uns ohne Stress auf den Weg nach Minsk machen. Treffen mit unseren Dolmetschern Jenny und Andrei ist für zehn Uhr angesetzt. Unsere beiden Dolmetscher warten schon auf uns, als wir zur Rezeption kommen. Wir klären die Rechnung im Hotel, haben aber nicht genügend Landeswährung in der Tasche und müssen deshalb noch Geld tauschen.

Wir fahren los zur nächsten Bank. Problemlos und diesmal ohne eine Nummer zu ziehen oder Schlange zu stehen werden wir zügig bedient. Manchmal klappt es dann doch.

Wir zahlen unsere Rechnung, packen unsere Koffer ins Auto und verabschieden uns vom Hotelpersonal. Wir machen uns auf den Weg durch die Stadt, vorbei an riesigen Häuserblöcken und uns bekannten Orten wie das Hotel Tourist.

Nach etwa einer Stunde und einigen Einkäufen sind wir auf der Schnellstraße in Richtung Schlobin unterwegs. Die Straßen sind gut ausgebaut, allerdings nur so lange bis wir durch Schlobin durch sind. Hier fängt die gefühlsmäßig wohl längste Baustelle der Welt an. 60 Kilometer sehen wir riesige Sandberge, fahren Umleitungen und sehen Baufahrzeuge in ungewohnter Vielzahl. Hier werden in einem weißrussisch-chinesischem Großprojekt die letzten Kilometer der Autobahn Minsk – Gomel fertig gestellt. Ende diesen Jahres soll die Autobahn fertig sein.

Kurz vor Bobrusk sehen wir die Folgen von Unachtsamkeit oder auch Faulheit, wie unser Dolmetscher Andrei vermutet. Die Leute brennen ihre Felder ab, um nicht mähen zu müssen. Hektarweise stehen die umliegenden Felder in Brand. Die Sicht ist verdunkelt, der Rauch brennt in den Augen. Dies zieht sich über mehrere Kilometer bis zum Stadtrand von Bobrusk. Feuerwehrfahrzeuge sind nur wenig zu sehen.

In der Stadt sehen wir das ein- oder andere ungewöhnliche Fahrzeug vor uns herfahren. Nach der Stadt sind wir froh, wieder auf einer sehr gut ausgebauten zweispurigen Straße mit zügiger Geschwindigkeit weiter fahren zu können. Die Zebrastreifen über die Autobahn wundern uns nicht mehr, die kennen wir schon aus der Vergangenheit.

Gegen 16 Uhr erreichen wir den Stadtrand von Minsk. Viel Verkehr ist normal für die fast zwei Millionen Einwohner zählende Stadt. Wir setzen uns mit unserem Vermieter in Verbindung und fahren zu unserem gemieteten Appartement. Wie immer ist die Parkplatzsuche in den Hinterhöfen der Stadt aufwendig. Der Vermieter erwartet uns schon, wir unterschreiben unseren Mietvertrag und bekommen noch einige Erklärungen zur Wohnung und den WLAN-Schlüssel des eigenen Funknetzes. Wir wundern uns, dass bei der Verkabelung vor der Tür dieses überhaupt funktionieren kann. Aber es tut.

Wir verabschieden uns schweren Herzens von unseren beiden Dolmetschern. Andrei fährt noch am gleichen Tag zurück nach Gomel, Jenny fährt zu ihrer Minsker Wohnung. Wir waren die ganze Woche ein tolles Team und freuen uns jetzt schon auf Juni, dann sehen wir uns wieder.

Abends treffen wir uns mit Anastasia von der Minsker Hilfsorganisation UniHelp, wir kennen uns seit dem letzten Jahr und haben in einem Fall erfolgreich zusammen gearbeitet. Wir sprechen über die mögliche zukünftige Zusammenarbeit.

Nach einem gemeinsamen Essen endet für uns der Abend und wir fahren mit dem Taxi zurück zur Wohnung. Das Taxi zum Flughafen ist bereits für kurz vor Acht bestellt. Morgen geht es wieder nach Hause.

Tag 6

Bürotag! Was heißt das für uns? Viel zu kleine Räume, unbequeme Hocker und lange Diskussionen und Gespräche. Zusammenfassung, Wiederholung und Querchecken ob alles richtig verstanden wurde. Das kennen wir schon sehr gut nach den vielen Jahren aber auch diese Arbeit muss sein. Die Buchführung will gemacht sein, die Projekte abgesprochen und die Informationen des nächsten Hilfstransportes müssen ausgetauscht werden. Für beide Seiten eine lange und anstrengende Arbeit.

Schön, dass wir viel Spaß und viele „Schutkas“ (Witze) während unserer gemeinsamen Zeit machen. Das lockert die trockene Materie doch ein wenig auf. Nach fast fünf Stunden intensiver Gespräche haben wir alle Punkte auf unserer Liste abgearbeitet.

Gerade rechtzeitig, um den Termin bei der Hilfsorganisation „Fond Gesundheit“ wahrzunehmen. Wir haben Einladungen aus Deutschland mit dabei für Kinder, die zur Erholung im Sommer in Gastfamilien im Emsland und in der Grafschaft Bentheim kommen werden. Diese müssen im Original vorliegen. Der Postweg verspricht nicht immer den gewünschten Erfolg.

Gegen drei Uhr treffen wir uns mit Galina und fahren zum Kinderkrankenhaus Nr. 3 am Rande der Stadt. Wir wollen uns ansehen, was im letzten Jahr für eine zweckgebundene Spende gekauft wurde. Also rein in den Kittel und auf die Frühgeborenenstation. Wir sind begeistert von der guten Ausstattung der Station. Der leitende Arzt Iwan und sein Stellvertreter Igor führen uns zusammen mit der leitenden Oberschwester Olga durch die Räume. Wir sehen die Brutkästen, in denen die kleinen Würmchen liegen. Einige sind mit 700 g zur Welt gekommen und arbeiten jetzt mit Hochdruck an Gewichtszunahme.

Die Decken für die Brutkästen und die speziellen Kissen sind sehr wichtig für die kleinen Babys. Wir sehen mit eigenen Augen, dass die Hilfe aus dem letzten Jahr sehr gut angekommen ist.

Es wird uns alles gezeigt, die Räume mit den Brutkästen, die Zimmer in denen die Mütter schlafen und auch die Besuchsräume. Wir sehen sogar einen Vater, der sein Frühgeborenes besucht und fragen gleich, ob wir ein Foto machen dürfen. „Natürlich“ lautet die spontane Antwort.

Wie in vielen anderen Krankenhäusern werden auch hier Betten benötigt. Ein Wunsch, der immer wieder an uns rangetragen wird.

Das Krankenhaus Nr.3 ist nicht das einzige Krankenhaus mit einer Frühgeborenenstation. Allein in diesem Krankenhaus werden aber mehr als 2500 Kinder pro Jahr zur Welt gebracht.

Es war eine schöne Besichtigung mit sehr angenehmen Menschen. Wieder merkt man deutlich das Herzblut, was die einzelnen Mitarbeiter in ihren Job einbringen.

Wir fahren zurück in die Stadt. Es ist inzwischen 17 Uhr. Einen kurzen Halt machen wir bei einem Kunstgeschäft. Hier hängen Bilder von Nastja Schabaltas, unserer befreundeten Künstlerin.

Wir scherzen im Auto mit Andrei, unserem Dolmetscher. Das grüne Geschäft auf dem Weg nach Choiniki (siehe Tag 4) hatte auf dem Schild mit den Öffnungszeiten stehen, dass jeden Mittwoch und jeden zweiten Dienstag Feiertag ist. Können wir das auch so bekommen?

Zur Tradition geworden ist ein gemeinsames Treffen mit unseren Partnern am letzten Abend. Wir treffen uns im „Alte Zeiten“ Restaurant um acht und besprechen noch einige Punkte. Andrei kommt an diesem Abend zusammen mit seiner Frau Tamara. Uns verbindet eine ganz besondere Geschichte. Beide waren von uns im Jahre 2011 als Dolmetscher bei der Bike2Belarus Tour eingesetzt, Andrei für Übersetzungen ins Deutsche und Tamara für die Englischübersetzungen. Wir waren damals zusammen mit irischen Studenten in Belarus. Die beiden haben sich dort kennen- und lieben gelernt, sind jetzt verheiratet und haben einen gemeinsamen Sohn von acht Monaten. Wir finden die Beiden sind ein tolles Paar!

Ein guter Tag geht zu Ende. Die Müdigkeit wird größer und größer und wir freuen uns schon langsam auf die Heimreise. Wir sind aber zufrieden, weil wir alle Fragen klären konnten, gute Termine hatten und auch eine gute Zeit gehabt haben.

Morgen fahren wir nach Minsk, übernachten dort eine Nacht und am Samstagmorgen fliegen wir wieder zurück in die Heimat.

 

Tag 5

Mittwochmorgen im Hotel in Choiniki. Die hochmoderne Duschkabine erinnert etwas an eine Zeitmaschine aus einem schlechten Science-Fiction-Film. Düsen von den Seiten, aus der Decke und ein elektronisches Display mit vielen Schaltern. Die losen Kabel auf der Kabine machen das Gefühl der Sicherheit nicht größer. Zeitmaschinen laufen auch mit kaltem Wasser, oder? Zumindest heute tun sie das.

Wir bezahlen unsere Zimmer und fahren zur Schule Nr.3. Hier wartet Maria und Sergej, der Direktor der Schule schon mit einem reich gedeckten Frühstückstisch auf uns. Wir besprechen in lockerer Runde die aktuelle Situation in der Schule, sprechen über mögliche Hilfen. Es sind Ferien, gerade ist eine Gruppe aus dem Kindergarten in der Schule zur Exkursion. Auch sind trotz Ferien mehr als dreißig Kinder zur Betreuung hier.

Der Zeitplan ist mal wieder eng, weil wir auch noch die Familie von Iwan besuchen wollen. Für Iwan hatten wir im letzten Jahr Medikamente, die es in Belarus nicht gab, besorgt. Sein Bruder Maxim wartet schon in der Schule auf uns. Er begleitet uns zu seinem Zuhause. Er spricht sogar Englisch! Sein Vater erklärt später, dass liege daran das er immer Online-Spiele mit den Amerikanern spielt. Wir schmunzeln!

Die ganze Familie ist zuhause. Der Tisch ist schon wieder reich gedeckt. Iwan lächelt uns an. Beim letzten Mal waren die Haare weg. Jetzt ist die Frisur wieder schick! Nach einigen Fragen und vielen positiven Antworten wissen wir, dass alles gut überstanden ist. Wir freuen uns mit ihm. Er wirkt sehr locker und hat große Pläne. Er wird derzeit noch zuhause unterrichtet. Er will Arzt werden. Das wollte er auch schon vor seiner Krankheit. Die Krankheit hat ihn in seinem Wunsch bestärkt. Wir verabschieden uns nach einiger Zeit und guten Gesprächen. Wir sind froh, dass Iwan so gut zufrieden ist und werden eingeladen wieder zu kommen. Das werden wir bestimmt!

Es ist fast Mittag. Wir starten die Rückreise nach Gomel, auf dem Weg wollen wir noch kurz das neue Sofa von Oleg begutachten. Dies wurde gestern noch geliefert. Wieder diese endlosen Straßen. Unterwegs auch ein paar Pferdewagen. Wie lang muss einem die Straße dann vorkommen?

Wir rufen bei Oleg an, er muss von der Arbeit nach Hause kommen wegen uns. Wir treffen ihn in seiner Wohnung. Er zeigt uns stolz sein neues „Bett“ und bestätigt, dass er sehr gut geschlafen hat. Er wollte heute Morgen gar nicht aufstehen und ist noch eine halbe Stunde liegen geblieben.

Wir fahren zügig weiter. Um ein Uhr sind wir im Heim in Vasilievka angemeldet. Das sind noch etwa sechzig Kilometer. Ein Uhr ist es auch schon!

Swetlana die Direktorin, Leonid und Ludmila, die guten Seelen des Heims begrüßen uns schon draußen. Als erstes zeigen sie uns den neuen Computerraum. Dieser wurde verlegt, damit die Rollstuhlfahrer ohne Probleme die Räume nutzen können. Seit August letzten Jahres können die Bewohner auch ins Internet.

Wir sehen die neue Küche. Hier können die Bewohner kochen. Unseren Herd vom letzten Hilfstransport finden wir hier auch wieder. Seit unserem letzten Besuch im August wurden viele Wände mit schönen Zeichnungen in bunten Farben verschönert. Das ganze Haus wirkt sehr positiv durch die Farben und Motive.

Wir treffen Alexandra und ihre Mutter. Im letzten Jahr haben wir eine Behandlung in Moskau für Alexandra unterstützt. Alexandra macht auf uns einen besseren Eindruck als beim letzten Mal. Die Behandlung hat ihr gut getan, das bestätigt auch ihre Mutter. Weitere Behandlungen sind notwendig, scheitern aber im Moment an der Finanzierung. Wir versprechen zu helfen und unsere Möglichkeiten zu prüfen.

Nach zweimal Frühstück mit warmen Essen wird es langsam wieder Zeit. Es geht an den Tisch. Die Direktorin Swetlana kennen wir noch nicht so gut. Wir haben sie im August das erste Mal besucht. Die Gelegenheit ist gut um sich näher kennen zu lernen. Viele Dinge werden besprochen. Einige Fragen und Hilfen können gleich erledigt werden. Hier merkt man immer wieder, wie gut die Institution durch die Verantwortlichen geführt wird und wie viel Herzblut die Menschen in ihre Arbeit einbringen.

Gegen 17 Uhr verabschieden wir uns bei schönstem Sommerwetter. Nicht ohne uns für Mitte Juni schon wieder anzumelden.

Gegen 20 Uhr geht es dann noch mal ohne Dolmetscher mit dem Taxi zum Fond „Menschen der Welt helfen Tschernobyl-Kindern“. Hier treffen wir die Direktorin Galina. Sie spricht gut deutsch und wir können einige Dinge durchsprechen und verabreden uns für Morgen, um gemeinsam zum Gomeler Kinderkrankenhaus Nr.5 zu fahren.

Ein langer Tag endet mit einem Spaziergang zurück zum Hotel. Morgen steht ein langer Bürotag auf dem Programm.

Tag 4

Voller Vorfreude starten wir in den vierten Tag ! Der Besuch beim Dominic-Haus steht auf dem Programm, der Wetterbericht verspricht uns 12 Grad und Sonnenschein. Um neun Uhr geht es los.

Retchiza, der Ort, in dem das Dominic-Haus steht, liegt etwa sechzig Kilometer von Gomel entfernt. Der Verkehr in der Stadt ist wie jeden Morgen und Abend schrecklich. Es dauert etwa zwanzig Minuten um aus der Stadt heraus zu kommen.

Etwas verspätet kommen wir an. Die Begrüßung ist toll und man fühlt sich direkt zuhause!

Liena, die Hausmutter ist da, alle Bewohner des Hauses auch. Vitaly Shabalin, der Leiter des zuständigen Sozialamtes, kommt kurze Zeit später dazu. Auch Oleg, der als erster Bewohner den Schritt in die Selbstständigkeit geschafft hat und eine eigene Wohnung bezogen hat, kommt mit seinem Scooter angefahren. Für ihn ist Maxim nachgerückt. Maxim kennen wir noch nicht. Wir stellen ihm viele neugierige Fragen.

Als Oleg damals einige Zeit im Dominic-Haus gelebt hat, hat er zu seiner Hausmutter Liena gesagt: „Ich werde immer im Dominic-Haus wohnen! Ich werde hier nie weg gehen!“. Nach der ersten Nacht im eigenen Heim vor einigen Wochen sagte er dann: „Ich werde nur noch als Gast zu Euch kommen!“. Die eigenen vier Wände zu haben ist für ihn ein tolles Gefühl. Ohne Bett, ohne Matratze hat er die ersten Nächte in seiner neuen Wohnung verbracht. Er hat auf dem Boden geschlafen. Aber er hat in SEINER Wohnung geschlafen!

Wir entscheiden uns kurzfristig die Wohnung zu besichtigen. Dabei können wir auch gleichzeitig unseren Opel mit Hebebühne ausprobieren, den wir im August letzten Jahres an das Sozialamt gespendet haben. In einem neuen Stadtteil ist in einem mehrstöckigem Haus ist seine Wohnung im Erdgeschoss. Als wir ankommen öffnet er seinen Briefkasten und wirkt etwas enttäuscht, weil er leider keine neuen Briefe hat. Ein Zimmer mit Küche, Bad und WC. Die Wohnung wirkt freundlich, die ersten Gardinen hängen. Ein Bett gibt es noch nicht, dafür eine große Luftmatratze.

Nach kurzer Absprache fahren wir zum Möbelladen und kaufen ihm ein Sofa mit Ausziehfunktion, dieses ist hier typisch um in Einzimmerwohnungen den Platz optimal auszunutzen. Tagsüber ein Sofa, in der Nacht ein Bett.

Oleg läuft jeden Morgen zur Bushaltestelle und fährt dann ca. 15 Minuten mit dem Bus zur Arbeit. Das ist für ihn kein Problem. Er arbeitet im Sozialamt in Retschiza und betreut junge Menschen mit Behinderung.

Nach unseren Einkäufen fahren wir wieder zum Dominic-Haus und trinken Kaffee und essen selbstgebackene Muffins. Nach vielen guten Gesprächen machen wir uns nachmittags auf den Weg nach Choiniki. Auf dem Weg halten wir an einem Friedhof, auf dem ein Deutscher seine letzte Ruhestätte hat. Die Mitarbeiter des Sozialamtes hatten bei Arbeiten am Kriegerdenkmal diese Grabstätte entdeckt.

Es geht weiter auf endlos erscheinenden Straßen in Richtung Choiniki. Vorbei an quietschgrünen Geschäften und ganz viel Wald. Nachmittags kommen wir beim Hotel an, beziehen unsere Zimmer und ruhen uns ein wenig aus. Die langen Fahrten über die nicht ganz guten Straßen machen müde.

Am Abend treffen wir uns mit unseren Freunden Maria und Genja. Der Geruch von Schaschliki steigt uns schon vor dem haus in die Nase. Als wir reinkommen steht der Tisch voll mit Essen. Einige Zeit später werden schon melancholische russische Lieder gesungen. Auch nach so vielen Jahren müssen wir uns den Text wieder in Lautschrift aufschreiben lassen. Genja begleitet uns dabei mit dem Akkordeon. Ein schöner Ausklang des Tages.

Tag 3

Aufgewacht, die Sonne lacht ! So könnte man diesen herrlichen Morgen beschreiben. Als ich die Augen aufmachte schien der Frühling tatsächlich angekommen zu sein. Blauer Himmel und Sonnenschein, es sah nach 15 Grad aus.

Am Vortag hatten wir abgesprochen, um neun Uhr vom Hotel abzufahren und um 9:15 Uhr im Büro von „White Dove over Chernobyl“ zu sein. Da wir keine weißrussischen Rubel mehr in der Tasche hatten, waren wir gezwungen zur Bank zu fahren um zu tauschen.

Angekommen in der Bank mussten wir beim Polizisten am Eingang den Rucksack öffnen, ein Blick hinein, ein nettes „Danke schön“ auf Deutsch. So fängt der Tag gut an! Was doch einzelne Worte in der eigenen Sprache an guter Atmosphäre schaffen!

Doch dann geht es los. Das wiederkehrende Prozedere … die Nummer ziehen wie bei uns im Arbeitsamt. Die 34 ist es geworden. Die 30 leuchtet auf der Anzeigetafel bei Schalter sieben. Die spannende Frage ist, wie lange dauert es dieses Mal? Andrei geht zur benachbarten Bank und untersucht die Lage dort. Vielleicht ist dort keine Schlange? Wider Erwarten wird sehr schnell die 33 aufgerufen, dann die 34. Ich gehe zum Schalter 7, schiebe mein Geld unter der dicken Glasscheibe her.

Die junge Dame zählt, sagt die Summe, ich bestätige. Nun fängt es an. Jeder Schein wird einzeln geprüft. Inzwischen ist auch Andrei wieder da. Er erzählt mir, dass es in letzter Zeit Mode ist am Bankschalter gefragt zu werden, ob man nicht ein Lotto-Los kaufen will. Komisch, wofür!

Plötzlich schiebt die Dame das Geld wieder unter der Scheibe zu mir und sagt irgendetwas auf Russisch, was ich nicht verstehe. Andrei kommt, und erklärt mir dass nicht genügend Rubel in der Kasse vorhanden sind. Sie muss diese erst holen. Nach etwa zwei Minuten kommt sie wieder, nimmt erneut meine Euros und gibt mir mit einem netten Lächeln einige Millionen belarussische Rubel unter der Scheibe durch. Der Kurs steht bei 1 zu 15550 ! Und dann …. Die Frage nach dem Lotto-Los! Wir lehnen dankend ab!

Mit etwa 15 min Verspätung kommen wir bei Viktoriya im Büro an. Wir klären einige Fragen und gehen den Ablauf des Tages noch mal durch. Um zehn Uhr kommt Yuri dazu. Yuri ist unser Projektleiter. Er hat die gesamte Kalkulation für das Gebäude gemacht und ist uns eine große Hilfe hier vor Ort.

Wir erklären ihm in Ruhe die Projektentwicklung der vergangenen sechs Monate. Alle Beteiligten sollen auf dem gleichen Wissensstand sein.

Anschließend fahren wir gemeinsam zum Haus nach Tereshkovichi. Die Frage steht im Raum ob und wie wir das Haus winterfest machen. Unser Plan geht davon aus, dass wir erst im nächsten Jahr mit dem Bau beginnen werden.

Während wir am Haus stehen und diskutieren, kommt ein älterer Mann mit auffälligem, grauen Bart auf uns zu. Erst nach näherem Hinsehen habe ich ihn erkannt. Es ist Pjötr Vasiliwitsch, ich kenne ihn seit etwa vier Jahren. Kurz vor seinem achtzigsten Geburtstag habe ich ihn kennengelernt. Er ist sozusagen ein Nachbar von uns und bei mir bekannt für seine philosophische Ader.

Bei unserer ersten Begegnung hat er mir viele seiner Gedichte bei sich zuhause vorgelesen. Dazu haben wir damals Birkensaft getrunken. Für unsere Dolmetscher war das damals und auch heute sehr anstrengend, da Gedichte und insbesondere tiefsinnige Gedichte nicht einfach zu übersetzen sind!

Die Begrüßung nach mehreren Jahren ist so, als hätte man die letzten Jahre nur auf diese Begegnung gewartet. Wir umarmen uns und die Freude ist bei uns beiden groß. Nach vielen netten Worten, ein paar vorgetragenen Gedichten aus eigener Feder und der Einladung zu seinem 84ten Geburtstag verabschieden wir uns bis zum Juni mit seinem Versprechen: „Der Tisch wird gedeckt sein!“.

Um 14 Uhr ist der Termin beim Bürgermeister von „Gomel Region“. „Gomel Region“ ist der Bereich um die Stadt Gomel, in dem auch unser Haus in Tereshkovichi liegt. Diese Leute sind also später für den Betrieb unseres Hauses zuständig. Der Bürgermeister hat gewechselt. Wir waren zum letzten Mal im Juni letzten Jahres dort. Wir sind sehr gespannt auf den „Neuen“. Unsere Kontaktperson Galina, die Leiterin des Sozialamtes „Gomel Region“ empfängt uns herzlich. Fünf Minuten später gehen wir zum Bürgermeister hoch ins Büro.

Großes Büro = Viel zu sagen! So einfach sind die Regeln hier. Das Büro ist groß!

Wir begrüßen uns freundlich und nehmen am großen Tisch Platz. Igor Leonidowitsch ist ein freundlicher und sehr angenehmer Mensch. Wir haben sofort eine gute Atmosphäre. Wir erklären ihm die Entwicklung des Projektes seit dem letzten Treffen, welches noch mit seiner Vorgängerin stattgefunden hat. Nach etwa einer Stunde gehen wir mit einem gemeinsamen Verständnis und gemeinsamen Zielen aus dieser Besprechung. Es war ein gutes Gespräch. Fragen, die noch beantwortet werden müssen werden in den nächsten Tagen durch die Behörde geklärt. Probleme bei diesen Fragestellungen sieht man nicht.

Anschließend steht Büroarbeit auf dem Programm. Im Büro von „White Dove …“ formulieren wir Teile der Antragsunterlagen zusammen mit Viktoriya, der Direktorin von „White Dove over Chernobyl“. Gegen 17 Uhr ist Feierabend.

Ein lockeres Treffen mit der Leiterin des Sozialamtes, Galina, ist im Restaurant für den Abend um sieben geplant. Ein neues Restaurant wird ausprobiert. Es ist schön. Wir haben gute Gespräche und können uns besser kennen lernen. Um zehn fährt Andrei uns zum Hotel.

Es konnten viele Fragen am heutigen Tag geklärt werden und viele Dinge angestoßen werden. Außerdem gab es nette Begegnungen mit tollen Menschen. Ein guter Tag !

Morgen geht es nach dem Frühstück nach Retchiza und dann weiter nach Choiniki, wo wir auch eine Nacht bleiben werden. Hier werden wir voraussichtlich keine Möglichkeit haben einen Bericht online zu stellen. Wir werden diesen dann schnellstmöglich nachreichen, sobald wir wieder Online sind.

Tag 2

Tag 2 in Gomel

Ausgeschlafen ging es heute in den Tag. Der Blick aus dem Fenster zeigte irgendetwas zwischen Regen und Schnee. Sieht ungemütlich aus – fühlt sich auch so an! Trotzdem soll es ein schöner Tag werden sagen die Prognosen!

Nach dem Frühstück wurde erstmal telefoniert um alle Dinge übergeben zu können, die man so mitgebracht hat. Einige Treffen in der Woche mussten geplant werden. Um kurz vor zwölf Treffen mit unseren Dolmetschern Jenny und Andrei zum Treffen mit unseren Partnern hier vor Ort, Viktoriya Yakuleva von „White Dove over Chernobyl“ und Liena Fedarchuk, die für uns die gesamte Kommunikation erledigt.

Das erste Treffen mit unseren Partnern haben wir im Restaurant „Provence“ geplant. Dieses liegt direkt am Fluss Sosch, einen Nebenfluss des Dnjepr. Französische Küche mitten in Belarus. An der Stelle muss man mal deutlich betonen, dass sich hier in den letzten Jahren die Restaurantlandschaft und die Vielfalt der Küche sehr gut entwickelt hat! Die gebotene Vielfalt ist inzwischen beeindruckend!

Der verspielt eingerichtete Innenraum des Restaurants in der 1. Etage ist mit echtem Vogelgezwitscher, direktem Blick auf den Fluss und die Möglichkeit draußen zu sitzen eine beeindruckende Kombination, die diesen Ort zu etwas Besonderem macht.

Bei etwa zwei Grad Außentemperatur fiel unsere Entscheidung allerdings zugunsten des Innenraums. Das gute Essen und ein Glas Wein versetzten uns in einen Zustand der uns für den Mittagsschlaf mehr als bereit machte. Leider viel dieser aus.

Inzwischen hatte sich die positive Prognose erfüllt. Die Sonne kam raus und lies es draußen frühlingshaft aussehen. Dies bestätigte sich allerdings nur visuell! Gefühlt war es immer noch genauso kalt wie vorher.

Im anschließenden Meeting im Hotel „Zamkovij“ haben wir alle Dinge besprochen, die in dieser Woche gemacht bzw. geklärt werden müssen. Die Vorbereitung des Hilfstransportes im nächsten Monat, die Besichtigung des Hauses in Tereshkovichi und viele weitere Fragen zu unserem größten Projekt wurden geklärt bzw. diskutiert. Auch Visumfragen, aktueller Stand bei Privatpaketaktionen und der Rückblick auf den vergangenen Transport waren Themen, die in entspannter Atmosphäre im Hotel besprochen wurden.

Gegen 17 Uhr war Feierabend. Viele Informationen waren ausgetauscht und der Kopf qualmte schon etwas. Für einen Sonntag sollte das reichen.

Abends stand noch mal eines unserer Lieblingsrestaurants auf der Agenda. Das „Staraja Wremja“ (Alte Zeiten) ist im sowjetischen Stiel eingerichtet. Alle Bedienungen tragen alte Uniformen bzw. typische historische Kleidung. Die Theke in Form einer Straßenbahn begeistert genauso wie die künstlerischen Einlagen des Personals beim Einschenken von Getränken. Ebenfalls ein wirklich empfehlenswertes Lokal. Wir mögen es sehr.

Ein Treffen mit unserer inzwischen langjährigen Freundin Nastja Schabaltas, einer sehr talentierten Malerin aus Gomel stand auf dem Programm.
Nastja, die in Gomel und Belarus lange nicht mehr unbekannt ist, wurde von einigen Mitreisenden vor einigen Jahren unterstützt, damit sie ihr Kunststudium beenden konnte. Im letzten Jahr hat sie dieses mit Auszeichnung bestanden! Wir sind stolz auf sie und freuen uns mit ihr, dass sie in diesem Jahr bereits mehrere Ausstellungen in Gomel aber auch in der Hauptstadt Minsk durchführen konnte.

Das Ende von Tag zwei wurde gegen 22 Uhr eingeläutet. Es ging mit dem Taxi zurück zum Hotel. Morgen steht ein „Vor-Ort-Termin“ bei unserem Haus in Tereshkovichi auf dem Programm, außerdem der Besuch beim Bürgermeister von Gomel Region. Das ist die zuständige Behörde für unser Bauvorhaben. Wir freuen uns auf einen neuen Tag mit guten Ergebnissen.

Tag 1

Tag 1 der Reise nach Gomel

Frühlingsanfang hat doch was mit gutem Wetter zu tun, oder ? So sah es am 21.03.2015 morgens um sechs Uhr aber nicht aus. Bei ungemütlichem Wetter startet unsere Gomelreise von Schüttorf über Hengelo, Amsterdam Shiphol, Minsk nach Gomel.

Was soll man schreiben von einem Tag, an dem man nur unterwegs ist ? das haben wir uns vorher gedacht ! Belarus hält genügend Geschichten bereit, die es wert sind erzählt zu werden.

Also lassen wir mal die Zugfahrt und den Flug weg und fangen bei der Ankunft in Minsk an. Das große Schild „Welcome to Belarus“ über dem Eingang am Flughafen hat uns wie ein Händeschütteln begrüßt. Danach kam wie erwartet die Ernüchterung. Nach dem Kauf der benötigten Versicherung (Acht Tage für acht Euro) stießen wir auf die belarussische Realität. Von den etwa zwanzig Schaltern für die Passkontrolle waren gerade mal sechs geöffnet und das, obwohl gerade mehrere Maschinen angekommen waren. Die intensive Prüfung der Pässe und Visa führt zu Wartezeiten, die immer wieder gewöhnungsbedürftig sind. „Welcome to Belarus“ !

 

Gepäck kommt passend auf Band drei, der Zoll bittet freundlich die Koffer zum durchleuchten zu geben und fragt noch nach dem mitgebrachten Geld. Trotzdem hat man das Gefühl, das es nicht wirklich interessiert, wie viel man dabei hat, denn die Währung wurde nicht abgefragt ! Was sage ich denn wenn ich tausend Euro und eine Million weißrussische Rubel in der Tasche habe? Unter zwei Millionen ?

In freudiger Erwartung unsere beiden Dolmetscher und guten Freunde Jenny und Andrei zu sehen gehen wir durch die Tür und siehe da … sie warten auf uns ! Die freudige Begrüßung wird unterbrochen durch ein „Wir haben noch drei Minuten sonst gibt es eine große Strafe!“. Was damit gemeint war sollten wir kurze Zeit später merken ! Rein ins Auto, losfahren und anstatt die Ausfahrt zu nehmen die Straße zum Terminal genommen ! Also einmal vor dem Flughafen eine Ehrenrunde gedreht. Das gab zumindest die Möglichkeit, noch kurz ein Foto vom Terminal zu machen, an der Ausfahrt merkten wir dann aber, dass diese Ehrenrunde uns geschlagene einhundert tausend Rubel (etwa 6,50 €) kostet. Und das für 25 Sekunden Zeitüberschreitung. Da freut man sich, das die zwanzig Minuten vorher kostenfrei sind !

Nach diesem „Welcome to Belarus“ machten wir uns auf den Weg nach Gomel. Etwa 300 Kilometer, viel Autobahn ! Seit neuestem darf man sogar 120 km/h fahren. Die Frage, warum wir für diese Strecke trotzdem immer mindestens fünf Stunden brauchen wird uns wohl nie jemand beantworten können !

Angekommen sind wir dann um 22:15 Uhr im Hotel. Es ist ein schön, wieder hier zu sein. Wir freuen uns auf eine erfolgreiche und schöne Woche !

Reisetagebuch März 2015

Der März ist immer der Monat, in dem wir unsere erste Reise im Jahr nach Gomel planen. Passend zum Frühlingsanfang am 21.03.2015 brechen in diesem Jahr Johan Schmits und Thomas Küpker auf, um die laufenden Projekte zu besprechen, Institutionen zu besuchen und die Aufgaben des Vereins voranzubringen.

In diesem Jahr haben wir uns vorgenommen, jeden Tag etwas von der Reise zu berichten. Ob wir das halten können wissen wir noch nicht, da wir nicht überall wo wir sind Internetverbindung haben. Wir versuchen aber unser Bestes und liefern sonst die Artikel am nächsten Tag nach.

Viel Spaß beim „teilhaben“ an unserer Reise und gebt uns mal eine Rückmeldung, was Ihr davon halltet !